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Rechte Propaganda entlarven – Solidarische Strukturen aufbauen! Teil IV

Als Bonner Bündnis gegen Rechts engagieren wir uns seit mehreren Jahren in Bonn gegen jede Art von rechten Umtrieben, egal ob AfD, Burschenschaften, Neonazis oder neue Rechte. Dieser Text ist der vierte Teil einer Reihe, welche zur Aufklärung über rechte Aktivitäten in Bonn beitragen soll.

Teil IV „Verschwörungsideolog*innen“

Am 22.10.2023 demonstrierten ungefähr 400 Menschen auf dem Bonner Hofgarten. Aufgerufen hatten die Gruppen „Bonn zeigt Gesicht“ und das „Friedensbündnis NRW“ zur sogenannten „Demo für den Frieden“. Der 40. Jahrestag der größten Friedensdemo in Deutschland auf dem Hofgarten in Bonn sollte hier genutzt werden, um für Frieden zu demonstrieren. Das klingt vielversprechend – bis man einen genaueren Blick auf die Organisator*innen und Redner*innen wirft. Mit Dieter Dehm und einem Grußwort der (noch) Bonner Professorin Ulrike Guérot konnten die Organisator*innen zwei der prominentesten Köpfe der aktuellen selbsternannten „Friedensbewegung“ gewinnen. Die „Friedensbewegung“ wird bundesweit von Verschwörungsideolog*innen und den selbsternannten „Querdenker*innen“, oder besser gesagt dem, was davon noch übrig ist, dominiert. 

Dieter Dehm, ehemaliger MdB der Linken, trat zuletzt mit einem Interview im rechtsradikalen Magazin „Compact“ in Erscheinung und sprach (und sang) auf verschiedenen Corona-Demos. Bereits vor der Pandemie trat er für eine Querfront ein und zeigte sich unter anderem öffentlich mit Ken Jebsen, einem der bekanntesten Verschwörungsideologen Deutschlands. Auch die Auftritte und Publikationen von Ulrike Guérot erfreuen sich in diesen Kreisen großer Beliebtheit.

Die veranstaltenden Gruppen behaupten sich von rechts abzugrenzen und versicherten am Tag der Demo, sie würden keine rechte Symbolik auf ihrer Demo dulden. Ihre Redner*innen, wie Dieter Dehm, nehmen diese Abgrenzung nicht ganz so ernst. Das „Friedensbündnis NRW“ hat in seinen Kreisen selbst bekannte Rechtsradikale. Auch der rechtsradikale Streamer Kevin G. war auf der Demo am 22.10.2023 ein gern gesehener Gast. Kein Wunder also, dass altgediente Gruppen der Friedensbewegung wie das „Netzwerk Friedenskooperative“ aus Bonn und die DFG-VK NRW sich bereits Anfang des Jahres von diesen Gruppen klar distanzierten und vor einer rechten Einflussnahme auf die aktuelle „Friedensbewegung“ warnten. Statt harmloser Friedensaktivist*innen fanden sich hier „Querdenker*innen“, Verschwörungsideolog*innen und Putin-Fans. Auch die Partei dieBasis, die sich aus dem Spektrum der Corona-Leugner*innen gründete, war mit zahlreichen erkennbaren Mitgliedern anwesend. 

Die Gruppe „Bonn zeigt Gesicht“ trat in der Vergangenheit vor allem bei den sogenannten „Montagsspaziergängen“ auf und organisierte diese bis Anfang 2023 mit. Auch hier wurden immer wieder zahllose Verschwörungsmythen verbreitet und z. B. von angeblich „tausenden Impftoten“ gesprochen. Die Gruppe organisierte auch eine Kundgebung in Solidarität mit der (noch) Bonner Professorin Ulrike Guérot, die von der Uni aufgrund von Plagiatsvorwürfen entlassen werden soll. Ulrike Guérot fiel daneben insbesondere während der Corona-Pandemie mit der Verbreitung von Falschinformationen über Schutzimpfungen auf und als sie nach dem russischen Angriffskrieg der Ukraine ihr Recht auf Selbstverteidigung absprach. Auch hier präsentierte sich „Bonn zeigt Gesicht“ Seite an Seite mit Vertreter*innen der Partei dieBasis und anderen Gruppen aus dem Corona-Leugner*innen Spektrum.

„Bonn zeigt Gesicht“ war zuvor auch bei der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Bücherverbrennung mit einer eigenen Kundgebung vertreten und hat versucht die offizielle Veranstaltung zu übertönen. Dort behaupteten sie, ihre Meinungsfreiheit würde eingeschränkt und verteilten Flyer, in denen sie Parallelen zur Unterdrückung während der NS-Diktatur zogen – während sie all dies bei ihrer Kundgebung öffentlich äußern konnten. Sie instrumentalisieren unsere Grundrechte für ihre eigene politische Propaganda. Ein bekanntes Muster aus der verschwörungsideologischen Szene: Sobald ihnen öffentlich widersprochen wird, sehen sie sich in ihren Grundrechten eingeschränkt und das, obwohl sie all ihre Behauptungen überall verbreiten können –  zum Glück oft mit direktem Widerspruch.

Die Gruppe beteiligte sich ebenfalls an den seit Mitte 2020 stattfindenden Montagsdemos, bei denen sich am Anfang auch bekannte Rechtsradikale, z. B. der „Revolte Rheinland“ (Teil 1 dieser Reihe) anschlossen. Die Rechtsradikalen liefen dort an vorderster Stelle und hielten ein Transparent mit der Parole „Wir sind die Rote Linie“. Eben diese Parole hat „Bonn zeigt Gesicht“ gern übernommen und präsentiert sich selbst damit auf der eigenen Webseite.

Ebenfalls bei den Montagsspaziergängen maßgeblich vertreten war die Partei dieBasis, die sich aus der Querdenken-Szene gegründet hat. DieBasis, die auch in Bonn über einen Kreisverband verfügt, ist kein harmloser „Lobbyverband für Menschen“, wie sie behauptet. Bei ihrem selbsterklärtem „bundesweiten Aktionstag“ am 01.10.2023 war der Kreisverband mit einem „Infopavillon“ in der Innenstadt vertreten und präsentierte die sogenannte „Galerie der Aufklärung und Aufarbeitung“. Klimawandel, Geschlechtergerechtigkeit, Coviderkrankung und -Impfung, Freiheit der (öffentlich-rechtlichen) Medien, Weltgesundheitsorganisation, Bill Gates sowie staatliche Manipulation und Überwachung – alle Themen, die die politische Rechte zur Stimmungsmache, Verbreitung von Falschinformationen und Verschwörungsideologien nutzt, waren vertreten. Die Basis hängte eine Liste mit „informativen Seiten im Internet“ aus. Hierunter fanden sich Auf1, Reitschuster, DanieleGanser, Russia Today alles Medien, Blogs, usw. Sie alle verbreiten Verschwörungsmythen, sowie Falschinformationen und bieten zumindest rechten Inhalten und Personen eine Plattform.. Passend dazu bedient die Basis an Ihrem „Infopavillon“ und auf ihrer Website den Jargon der extremen Rechten mit Begriffen wie „Altparteien“ oder „Neue Weltordnung“.

Des Weiteren bezieht sich die Basis positiv auf den Sender AUF1, mit dem sie im Februar 2023 die sogenannte „Galerie des Erwachens“, wiederum zum Thema Coronaverharmlosung und Impfschäden, in der Bonner Innenstadt ausstellte. Die Inhalte des Senders bilden fast das gesamte Spektrum der aktuellen verschwörungsideologischen Themen ab. So auch im Februar: Mit Begriffen wie „Globalisten“ und „Great Reset“ wurde an die antisemitische Erzählung einer im Verborgenen alles beherrschenden Elite angeknüpft. Der Ausdruck „Great Reset“ steht für angebliche Weltherrschaftspläne einer mächtigen finanziellen und politischen Elite, die hinter der Pandemie stecke und diese für ihre Ziele benutze. Auch das Personal bei AUF1 lässt keinen Zweifel an der Gesinnung. Stefan Magnet, Gründer und Chefredakteur, ist ein seit Jahren aktiver Rechtsradikaler. Der vormalige TV-Chef des rechtsradikalen „Compact“-Magazins Martin Müller-Mertens wurde 2022 „Deutschlandkorrespondent“ von AUF1.

Auch wenn die Zeiten großer Aufmerksamkeit für selbsternannte Querdenker*innen vorbei sind und die Corona-Pandemie schon lange nicht mehr das bestimmende Thema in den Medien ist, gibt es noch genügend Verschwörungsideolog*innen – auch in Bonn. Seit dem Überfall auf die Ukraine und dem Ende der Coronaschutzmaßnahmen hat sich ihr Fokus anderen Themen zugewandt und sie verstehen sich jetzt als die neue „Friedensbewegung“. 

Es ist nach wie vor wichtig, sie nicht außer Acht zu lassen. Sie sind zwar keine strammen Neonazis, aber haben keine Berührungsängste mit der rechten Szene und propagieren ähnliche Inhalte wie diese. Gleichzeitig versuchen sie sich dabei offen und demokratisch zu geben. Nichtsdestoweniger stellen sie eine Gefahr für Debattenkultur und faktenbasierte Auseinandersetzungen dar. Uns als Bonner Bündnis gegen Rechts ist es wichtig, dass die Inhalte und Positionen, für die „Bonn zeigt Gesicht“, dieBasis sowie ihre Bündnispartner*innen stehen, öffentlich thematisiert werden. Wer Falschinformationen und antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet, sollte keinen Raum haben, um diese unwidersprochen äußern zu können und wer mit der Partei dieBasis und anderen Gruppen sympathisiert oder sie wählt, unterstützt ein gefährliches Sammelbecken rechter Strömungen.